Top 10 zum Frühlingsbeginn sorry, ist etwas lang geworden - scroll, scroll, scroll, ...
immer wieder muß ich feststellen, wie sehr mich Musik beeinflußt, jedoch nicht ablenkt.
Auch dieses Mal gibt's keine downloads und Liedtexte, aber etwas mehr Inhalt zu den einzelnen Werken
.
Top10 heißt nicht eine wie auch immer geartete Reihenfolge den Verkaufscharts ähnlich, sondern die CD's, die ich momentan verstärkt, aber nicht ausschließlich höre.


Madonna - American Life

diese Frau faszniert mich schon seit Material Girl, immer am Puls der Zeit und gut für Provokationen; American Life, Erfolg durch Arbeit und Risiko, Kompetenz und positive Einstellung; nun gut, Provokation muß ja nicht unbedingt sein, wenngleich man damit andere gut aus der Reserve locken kann
schon im Titelsong hört man die selbstironische Zurschaustellung der Kunstfigur Madonna, eine persönliche Hinterfragung eines Jeden. Die Musik trifft den Text perfekt, grazil schwingt sie zwischen Gitarrenmusik und Syntheziser. Ebenso bewegt sich mit dem zweiten Song Hollywood zwischen den Zeilen auf dünnem Eis. In "I'm so stupid" experimentiert sie herrlich mit Stimme und Rhythmus. "Nobody knows me" scheint wieder einmal mehr zu stimmen, niemand weiß, wie sie im nächsten Moment auftritt, wie sie überraschen wird. Die Akustikgitarre als themendominierendes Instrument wirkt manchmal wie die von den Red Hot Chilli Peppers ohne jemals zu kopieren (auch wenn manche die Meinung vertreten, dass bekannte Künstler nicht kopieren sondern sich "nur" inspirieren lassen, bin ich entschieden anderer Meinung!). "X-static Process" ein fast schon ungewohnt ruhiges Lied besticht durch eindrucksvolle Harmonien, die man von Madonna nicht so oft zu hören bekommt. Wie das ganze Album im gesamten autobiographische Züge vermuten lässt, ist "Mother and Father" wie schon "Papa don't Preach" sicherlich eine Aufarbeitung ihrer eigenen Historie.


The The - Mind Bomb

Matt Johnsons Meisterwerk aus dem Jahre 1989: Dass sich diese Gruppe aufgelöst hat ist schon fast als tragschier Verlust der Musikwelt einzustufen. Das reichhaltige Schaffen dieses Quartetts umfasst einige Highlights, von denen allein drei auf dem legendären Album untergebracht sind: Good Morning Beautiful spielt mit einer einfachen Melodie, die im dauernden Loop fünf Minuten lang die Frage nach dem "wer ist es, wer tat es" stellt. The Violence of Truth stellt das Gewissen der "weißen" Gesellschaft an den Pranger: "was ist beschämend, dass wir weiß sind?" und versucht die Lösung durch eine Frage an "Gott" zu beantworten - eine paradoxe aber kritische Auseinandersetzung mit der Religion, wie sie auf dem ganzen Album gestellt wird. The Beat(en) Generation dürfte wohl jedem bekannt sein und spricht musikalisch gesehen für das ganze Album: simple Melodien, die für das 21ste Jahrhundert trotzdem zu "spacig" tönen. Mein All-Time-Favourite.


Sakamoto Kyu - Big Artist Best Collection

Sakamoto Kyu, einer der großen Schlager- und Rock'n'Roll-Stars der 60er Jahre aus Japan, verstarb wie Buddy Holly bei einem Flugzeugabsturz viel zu früh um die Welt mit seinen japanischen Coverversionen bekannter Hits weiter zu beglücken: "Good Timin'", "Itsy Bitsy Tiny Winy Yellow Polka Strand Bikini", "Let's Kiss", "G.I. Blues" oder "Luna Napolitana" werden hier zum Besten gegeben. Daneben gibt's natürlich auch japanische Stücke wie den Sukiyaki-Song, den widerum Elvis coverte. Im Orginal "ue o muite aru kou" wird es auch heute noch von diversen Musikern gecovert (Mary J Blidge oder Sayoko). Melancholisch stimmt das "Sayonara Tokyo", das mich persönlich immer wieder in eine sentimentale Stimmung versetzt.
Für Freunde des 60er-Schlagers eine Besonderheit, aber beweiten keine Rarität. Leider nur in Japan zu kaufen (Toshiba Records), mit Sicherheit bei www.amazon.co.jp (japanische Navigation erforderlich bzw. Sprachkenntnisse sind Voraussetzung).


Paul Weller - Stanley Road

Ex-Style Council Frontman und Mitbegründer der Rockband The Jam Paul Weller auf einem Solotrip. Das aus dem Jahre 1995 stammende Album hat ganz der "akustischen" Instrumente verschrieben. In eingängigen Melodien und einfachen aber präzisen Texten produzierte Weller ein schönes Portrait seiner Person - ehrlich und direkt wie in den Zeiten von The Jam.
Musikalisch baut es eindeutig auf den gediegenen Rock der Spät-80er auf, mit leichten Ähnlichkeiten zu The Who's Quadrophenia (Studioalbum) oder den späteren Beatles, ohne sie aber zu kopieren. Der Vergleich hinkt ein wenig, da Weller doch eigene Wege beschreitet; da ich aber glaube, dass er nicht zu den bekannteren seines Genre zählt, habe ich diesen Vergleich gewagt. In "You Do Something To Me" meint man vielleicht auch noch Eric Clapton zu hören, doch wer Weller kennt, weiss um die Orginalität Pauls.
Blueselemente werden ebenso eingebaut wie rockige Stücke in dem größtenteils ruhigen Album: "Woodcutter's Son" und "Stanley Road" zählen schon zu den lauteren. Paul Weller zählt zurecht zu den herausragenden Vertretern der Sparte Britpop/-rock, der seine Eigenständigkeit auch bis heute nicht verloren hat.


Incognito - No Time Like Future

Die Jazzformation um Jean-Paul "Bluey" Maunick ist bekannt für eingehenden Jazz, der in jedem Takt groovt. So auch auf diesem Album. Unterstützt von den Stimmen von Jocelyn Brown und Karen Bernod enstanden 10 herrliche Musikstücke, die im Hintergrund herrlich dahinplätschern können. Natürlich gibt es auch Stücke drauf, die einen zappelig machen: "Get Into My Groove" (der Titel ist Programm), das wunderbar arrangierte "Nights Over Egypt" oder "I Can See The Future".
Ob Streicher oder aufwändige Bläserpartituren oder komplizierte Rhythmen wie in "Black Rain", der Variantenreichtum und Kreativität von Bluey scheint unerschöpflich. Kein Wunder, dass Stücke wie "Nights Over Egypt" oder "Marrakech" von DJ's wie Man at Work und Roger Sanchez remixed werden - Anerkennung und Respekt auf höchster Ebene.
Black Rain, ein Instrumentalstück, ist gewaltig - komplexe Instrumentalisierung und Wechsel zwischen scheinbar improvisierten und komponierten Teilen, unerwartete Nuancen und Pointen.
Mit Sicherheit folgen noch die anderen Alben wie "100° and Rising" - abwarten.


Tom Waits - Bone Mashine

Eigentlich muß man keine Worte über diese Ausnahmeerscheinung des amerikanischen Alternative-Rock verlieren. Keine Stimme ist so eindringlich und "unique", so unverkennbar, wie dieser -entschuldige Tom - versoffene Bluesgesang. Wohl zu anspruchsvoll für den breiten Musikgeschmack fristet Tom Waits ein Schattendasein in der Musikindustrie.
Mit "Dirt In The Ground" beeindruckt er mit seiner rauhen Stimme in einer etwas höheren Tonlage, die aber den sarkastischen Inhalt wohl noch mehr unterstreicht: 'cause hell is boiling over /  and heaven is full / we are chained to the world / and we all gotta pull / and we're all gonna be / ... just dirt in the ground.
Manchmal fragt man sich, welches Kraut der Gute wohl gerade geraucht hat - so bei "All Stripped Down". Bei "Who Are You" hingegen hört er sich dagegen fast beinahe trivial an. Herzschmerz, Weltschmerz, vom Kleinen zum Großen und umgekehrt sind die Themen auf diesem Album, herzzereißend ... herzzerreißend schön.
Ein herrliches Stück ist "Jesus Gonna Be Here" im klassischen minimalen Stil des schwarzen Blues - nirgendwo ist Tom Wait's Reibeisenstimme besser aufgehoben als in diesem Stück "...and I've been so good / except for drinking ..." well, Tom, you're damn right.
In den Stücken "Earth Died Screaming", "Murder In The Barn" oder "In The Colosseum" wird der Titel des Albums Programm: die Percussion erinnert in der Tat an Knochen, die aneinander schlagen, archaisch und primitiv, unheimlich und stimmungsvoll.


Jet - Get Born

Rock'n'Roll aus dem Jahre 2003, der so klingt als wären Pete Townsend, Roger Daltrey, John Entwistle und Keith Moon wieder auferstanden (als The Who).
Das Cover scheint im LSD-Rausch des Künstler entstanden zu sein - nur dass die Farbe ausgeblendet wurde - passend zur Musik.
"Are You Gonna Be My Girl" erinnert in der Tat an "My Generation" der vier bad boys. Selten dass es solch eine Musik wieder in die Verkaufshitparade schafft, aber gerade der alt-gewohnte aber trotzdem neuartige Stil von Jet ist so eingängig, dass auch der Mainstream-Musikfreund seine Sympathie bezeugen muß.
Dass die vier Jungs von Jet auch anders können, zeigen sie mit der Ballade "Look What You've Done" - John Lennon läßt grüßen - schon wieder jemand, der klaut?! "Move On" zeigt widerum Einflüsse aus dem Country&Blues-Genre - wohl ein Muß für jeden amerikanischen Rockmusiker.
Wenngleich sich viele Parallelitäten zu Altbekannten und -bewährten finden und heraushören läßt, zählt Get Born zu meinen Lieblingsalben, weil es einem meiner Leitsprüche entspricht: gerade und ehrlich; simple but not stupid.


Remy Shand - The Way I Feel

... und wieder eine unverkennbare Stimme, dieses Mal aus dem Bereich Soul. Der bei Motown unter Vertrag stehende Remy Shand hat mit seinem Debutalbum nicht nur mich erfreuen können sondern auch (eine Bestätigung für mich ;)) die Kritiker.
Leichter Groove, ein Hauch von 70er Funk, zeitgenössische Rhythmen und diese eindrucksvolle Stimme sind nicht nur die perfekte Musik für "architektonische" Nachtschichten - sein Stimmumfang läßt sich schon im zweiten Lied "Burning Bridges" erahnen, wo Remy Shand nicht nur in hohen Tonlagen brilliert.
Mit "Take A Message" wurde er bekannt, schaffte es aber meines Wissens nach nicht in die deutschen Top10 - aber in meine. Wer die Musik von Jamiroquai mag wird auch Remy Shand lieben - dieses Mal keine Ähnlichkeiten oder Vergleiche, dennoch bedienen sie den gleichen Geschmack.
Dass er für kraftvollen, sentimentalen Soul bestens zu gebrauchen ist, beweist er mit der Ballade "Everlasting". Seine Stimme wird bis an die Grenze ausgereizt, wie man es von den alten Aufnahmen von Prince noch kennt. Die Ballade "The Color Of The Day" ist wahrscheinlich das schönste Stück. Dass er auch anders kann zeigt er mit "Liberate", das starke Einflüsse aus dem Soul der 1970er aufweist.
mehr!


Sergei Rachmaninoff - A Window in Time

Rachmaninoff plays Rachmaninoff könnte auch der Untertitel heißen
restaurierte Aufnahmen aus den Jahren 1919 bis 1929 von sogenennten Musikrollen der Reproduktionsklaviere wie sie bis Anfang der 1930er Jahre Verwendung fanden;
wer kennt sie nicht die unzähligen Aufnahmen verschiednenster russischer und amerikanischer Pianisten und Wunderkinder am Flügel einschließlich dem schamlos ausgebeuteten Psychopathen David Gotthelf. Aber im direkten Vergleich mit dem Komponisten verblassen sie alle. Ein Musikkritiker schrieb einmal "nur Rachmaninoff selbst ist in der Lage seine Stücke spielen" (frei zitiert).
Über den Künstler und seine Musik muß nichts weiter gesagt werden, als dass diese CD in keiner Klasssik-Sammlung fehlen darf. Da Rachmaninoff am Beginn seiner Amerika-Karriere - er flüchtete nach er russischen Revolution 1917 in die USA - nur seine eigenen Stücke spielen konnte - war er doch ursprünglich mehr Komponist und Dirigent als Pianist - kam ihm seine Genialität an Fingerfertigkeit, der Gabe direkt vom Blatt zu spielen und sein phänomenales Erinnerungsvermögen zu Gute und wurde so fast über Nacht zum gefeierten Star. So kam es auch, dass er trotz seiner Meisterhaftigkeit als Pianist fast nur seine eigenen Werke spielte. Auf dieser CD findet man allerdings auch Kompositionen von Moussorgsky, Kreisler und Bizet.


Arvo Pärt - Summa

Paavo Järvi dirigiert das Estische Symphonieorchester
Die Aufnahmen des estischen Komponisten, der in den 1970er von den Sowjets mit kritischen Blicken wegen seiner Kirchenmusik beobachtet wurde, stellen ein breites Spektrum seines Schaffens dar.
Da ich leider nicht in der Lage bin im musikalisch-wissenschaftlichen Vokabular eine nur annähernd befriedigende Beschreibung zu bringen halte ich mich kurz:
minimalistische klassische Musik, die die 12-Ton-Musik, das gewaltige Spektrum an Harmonien und Gefühlen bis ins letzte ausreizt; bei dieser Musik kann ich leider nicht arbeiten, sie muß man mit voller Aufmerksamkeit verfolgen. Es grenzt schon fast an Frevel, wer Pärts Musik als Hintergrundgedudel einschaltet.
Weitere Werke dieses Ausnahmekomponisten, die mich beeindrucken sind "Tabula Rasa" und "Miserere".

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